Um glücklich zu sein, brauche ich keinen vollen Kleiderschrank. Das habe ich auf meiner Weltreise gelernt.
Sich vom Konsum loszusagen, scheint gerade im Trend zu sein. Es werden Workshops angeboten, um zu lernen, wie man sich dem Kaufrausch entzieht. Journalisten verzichten heroisch ein Jahr lang auf Konsum, um über diesen Selbstversuch zu berichten. Verzicht ist hip.
Mir dagegen ist es einfach so passiert, und ich hätte es beinahe nicht einmal bemerkt.
Ich stellte es überrascht fest, als ich kürzlich auf dem Trödlermarkt eine Secondhand-Jacke kaufte: Es war das erste Mal seit weit über einem Jahr, dass ich mir ein Kleidungsstück gekauft habe. Bemerkenswert ist das deshalb, weil ich bis anhin zu jener Sorte Frau gehörte, die sich im Durchschnitt alle paar Wochen einen Rock kauft, weil er ihr ein bisschen besser gefällt als das fast identische Stück, das bereits in ihrem Kleiderregal liegt. Und die in unerschütterlicher Regelmässigkeit mit einem glücklichen Grinsen im Gesicht ein Zalando-Pack vom Briefträger in Empfang nimmt.
Ohne dass es mir bewusst war, habe ich mit dem Kaufen neuer Kleider aufgehört. Der Grund ist einfach. Auf meiner Weltreise lebte ich sieben Monate lang aus meinem Rucksack. Die Auswahl an Anziehsachen war gering. Schuhe etwa hatte ich gerade mal zwei Paar dabei: Joggingschuhe und Sandalen. Wie einfach es doch war, sich für A oder B zu entscheiden! Wieder zu Hause aber stand ich vor meinen Kleidern und Schuhen und fühlte mich überfordert. Viel zu viel Auswahl!
Mein einziger Gedanke war: Ich besitze zu viel. Ich gab also die Hälfte davon weg und hörte auf, Neues zu kaufen. Nicht weil ich nicht mehr kaufen wollte. Sondern weil ich bei jedem Teil dachte: Dieser Rock sieht doch jenem ähnlich, den ich gerade in die Kleidersammlung gebracht habe, und es wäre ziemlich doof, den jetzt zu kaufen.
Als ich mir kürzlich ein T-Shirt überzog, machte es «ratsch», und da war es: ein Loch. Ich nahm ein anderes Shirt aus dem Regal und entdeckte, dass auch das Löcher hatte. Also ist es wohl schon mal wieder an der Zeit, shoppen zu gehen! Dieses Mal habe ich sogar einen Grund dafür.